Ludwig I., Graf von Rieneck ließ das so genannte 'castrum Rinecke' um das Jahr 1150 an der nordöstlichen Grenze seiner Grafschaft erbauen. Damit sollte der Machtbereich dieses bedeutenden adligen Geschlechtes gegenüber den Interessen der umliegenden Territorien Mainz, Würzburg und Fulda gesichert werden. Der kleine Hügel inmitten der dichten Spessart-Wälder bot dafür aufgrund natürlicher Hindernisse ausgezeichnete Voraussetzungen: Nur in eine Richtung musste die Burg zusätzlich durch die Anlage eines Stichgrabens und eine möglichst geringe Angriffsfläche zu dieser Seite hin gesichert werden. Dies zeigt sich deutlich im Grundriss des Bergfrieds, des 19m hohen „Dicken Turmes“, der außen ein unregelmäßiges Siebeneck darstellt, dessen eine Spitze in Richtung der nahen Hügel zeigt. Die Burganlage bestand zunächst nur aus dem von Befestigungsmauern umgebenen Burghof und Bergfried mit seinen vier bis acht Meter starken Mauern. Innerhalb der Burgmauern wurden daneben Fachwerkbauten errichtet, neben Wohngebäuden auch Lagerhäuser und Ställe, von denen im Wesentlichen nur noch der heutige Gewölbekeller der Burg erhalten geblieben ist.

Da das Wohnen im Turm der Burg verhältnismäßig unbequem war, lebte man hier nur in Kriegszeiten. Es gab keinen Eingang im Erdgeschoss (der heutige Eingang stammt aus dem 19. Jahrhundert), dafür aber zwei Zugänge in höheren Etagen, zu denen man mit Hilfe von schnell zu beseitigenden hölzernen Treppen an der Außenmauer gelangte. Der Zugang auf Höhe des zweiten Obergeschosses führte zum Hauptraum des Turms, dem Saal des Grafen. Ausgestattet mit Kochstelle, Waschbecken und sogar einem ‚heimlichen Ort’ (Toilette) war er für damalige Verhältnisse sehr bequem eingerichtet. Die mit einem eigenen Zugang ausgestattete dritte Etage beherbergte die so genannte Kemenate, in der die Gräfin und ihr Gefolge während einer Belagerung sicher und – wegen des Kamins aus dem Grafensaal – warm untergebracht waren. In diesem Stockwerk befindet sich auch die auf dem europäischen Festland einzigartige Turmkapelle. Sie ist vollständig in die Außenmauer des Turms eingelassen, was den Baumeister seinerzeit vor eine große Herausforderung gestellt haben dürfte. Die wenigen erhaltenen Steinmetzarbeiten an den Wänden vermitteln noch heute einen Eindruck von der prunkvollen früheren Ausstattung der Kapelle.
Um das Jahr 1200 wurde die Burganlage stärker befestigt und der heute 29m hohe achteckige „Dünne Turm“ zur Sicherung einer größeren Burgbesatzung erbaut. Auch er hatte ursprünglich keine Fenster und wie der Dicke Turm keinen ebenerdigen Zugang. In Inneren des Turms sind heute alle Spuren der einstigen Einrichtung verwischt und auch sein Äußeres wurde wesentlich verändert. Im dreißigjährigen Krieg wurde die Burg zweimal erobert und infolge der Zerstörungen wurden abermals bauliche Änderungen vorgenommen. Der Adlerhorst als sechstes Stockwerk und das heutige Dach des Turms wurden erst im 20. Jahrhundert eingebaut. Im Zuge des Ausbaus der Befestigungsanlagen wurde auch die romanische Hofkapelle errichtet. Von deren Giebelwand sind nur noch Teile des Portals erhalten.
Die Burg behielt ihre strategische Bedeutung, da sie die rieneckischen Gebietsansprüche sicherte und die Birkenhainer Straße, den wichtigsten mittelalterlichen Verkehrsweg der Region, kontrollierte. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war die Burg nicht mehr ständig bewohnt und verfiel zusehends. 1670 wurde die Grafschaft an Johann Graf von Rieneck, einem entfernten Verwandten aus dem damals sehr verbreiteten Rienecker Geschlecht, verkauft der sich damit die Standesrechte eines Reichsgrafen mit Sitz und Stimme im Reichstag sicherte. Aus dessen Linie stammen die heutigen Eigentümer der Burg, zuletzt Graf Hubertus von Rieneck.
Die Herkunft und Bedeutung der beiden aus der Zeit um 1300 stammenden Figurenplatten an der Außenfassade der Kapelle sind bis heute nicht endgültig geklärt. So ist ungewiss, ob sie ursprünglich zur Burg gehörten oder erst im 19. Jahrhundert herbeigeschafft wurden. Es gibt auch die Sage dass damals einer der beiden Menschen, Kunigunde, im Dicken Turm eingemauert wurde. Die damalige Tochter des Burgherren wurde angeblich schon mehrfach in der Nacht gesehen da sie keine Ruhe finden kann. Die Nachfahren des Grafengeschlechtes hüllen sich bis heute in Schweigen wenn sie auf diese alte Sage angesprochen werden.
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